Gesichtsschutzmasken für das Klinikum FFB
Dieser Artikel beschreibt diesmal etwas mehr ‚außenrum‘ um unser Projekt, einfach um den Leser auch mal am Entstehungsprozess teilhaben zu lassen. Unsere Projekte entwickeln sich meist im Alltag so wie dieses hier oder bei Begegnungen, wenn wir unterwegs sind. Wenn der Artikel motiviert, selber aktiv zu werden, dann hat er seinen Zweck erfüllt 😉
02.04.2020: Schon seit ein paar Monaten durchstöbere ich das Netz nach Informationen zu 3D-Druckern. Ich habe immer wieder mal Bedarf an Teilen, die damit hergestellt werden können, sei es nun ein nicht mehr erhältliches Kunststoffteil für eines meiner alten Fahrzeuge oder Teile für meine Werkstatt. Nichts, wofür sich ei hochpreisiges Modell lohnt, also beschränke ich meine Suche auf das untere/mittlere Preissegment. Ein paar Drucker kommen in die engere Auswahl, der Preis schwankt wegen der Corona-Krise heftig hoch und runter.
Letzte Woche komme ich abends von der Arbeit und werde von Elisabeth gefragt, ob ich jemanden kenne, der einen 3D-Drucker hat. Im Krankenhaus haben sie Bedarf an Gesichtsschutzmasken. Der Markt gibt nichts her, im Internet gibt es jede Menge Aktionen von Privatleuten und Firmen, um diese Lücke so gut es geht aufzufüllen. In der Regel drucken die für den lokalen Bedarf. zum Einen, weil die Logistik, die Teile zeitnah vor Ort zu bringen aufgrund der Ausgangsbeschränkungen schwierig ist. Zum Anderen natürlich auch, weil man einen Bezug zur örtlichen Arztpraxis / Krankenhaus hat und dort mehr gebraucht wird, als hergestellt werden kann. So wurde die Anfrage des Klinikums FFB abschlägig beantwortet.
Manchmal fügt sich alles perfekt zusammen. Den Drucker, den ich schon länger bei einer Auktionsplattform beobachte, kann ich am nächsten Tag tatsächlich ersteigern. Zwei Tage später kommt auch schon der Zulieferer mit dem schweren Paket. Während der zwei Tage haben wir natürlich schon jede Menge Informationen eingeholt. Was benötigt wird, was in den Communities an Vorlagen vorhanden ist und welche sich für unseren Zweck eignet.
So ein 3D-Drucker ist nicht so einfach in Betrieb zu nehmen wie z.B. ein Laserdrucker. Er muss zusammengebaut werden, vor dem ersten Druck und auch zwischendrin will die Druckplattform justiert sein. Der Spalt zwischen dem Druckkopf und der Plattform wird auf gerade mal 1/10 mm eingestellt. Grobe Abweichungen sorgen dafür, dass entweder der Druckkopf in die Plattform kracht oder so weit weg ist, dass das Material nicht auf der Plattform haftet.
Normalerweise geht den ersten Drucken deshalb eine Reihe an Versuchen voraus, bevor man damit in den Wirkbetrieb geht.
Ich habe mich dafür entschieden, gleich ins kalte Wasser zu springen. Ein erster Probedruck hat gut funktioniert, also habe ich als nächstes gleich eine Maske gedruckt.
Dachte ich jedenfalls. Diese Maske ist im einiges größer als das Probeteil, das Filament löst sich ständig vom Bett, so dass ich den Druck immer wieder abgebrochen und mit anderen Werten neu gestartet habe.
Nach einigen Versuchen, Änderungen bei den Temperaturen für Düse und Druckbett, sowie wechseln des Filaments und kalibrieren des Druckbetts blieb die erste Schicht dann endlich haften.
Die Begeisterung war allerdings nur von kurzer Dauer, denn bei ca. 5mm Dicke löste sich dann ein Ende der Maske um ca. 2mm vom Druckbett. Ich habe den Druck dann trotzdem fertig laufen lassen. Das Resultat war verwendbar und wenn einer der beiden Bügel etwas dünner ist, wirkt sich das auf die Funktion nicht aus. Als Folie habe ich Laminierfolie verwendet, die ich leer verschweiß und dann zugeschnitten habe. Die Löcher habe ich mit der Lochzange gestanzt.
Elisabeth hat den Prototypen dann auch gleich mit in die Arbeit genommen. Am Abend trugen die ersten Erfahrungsberichte dazu bei, ein anderes Modell zu nehmen. Die misslungenen Versuche führe ich darauf zurück, dass die empfohlene Temperatur für das verwendete Filament bei meinem Drucker zu niedrig sind. Ich habe deshalb nachgebessert und mit einem ‚Brim‚ die Auflagefläche vergrößert, zusätzlich die Temperatur für die erste Schicht erhöht. Und siehe da – der nächste Druck funktioniert perfekt.
Die jetzt gewählte Variante des Druckteils ist an einigen Stellen etwas niedriger als das Original. Das macht sie leichter, ohne jedoch die Stabilität zu verringern. an den Auflagepunkten ist sie gleich breit geblieben.
Weniger Material bedeutet natürlich auch weniger Druckzeit. Allerdings hätte die ursprüngliche Variante den Charme, dass man bis zu vier Masken quasi aufeinander gestapelt drucken kann. Dies würde die Druckzeit wiederum verringern, weil der Drucker über Nacht alleine agieren kann, ohne dass ich eingreifen muss.
Letztendlich haben wir uns trotzdem für die Vorteile der modifizierten Version entschieden, ducken tut man nur einmal, tragen tut man sie weitaus öfter und länger. Gestern Abend habe ich mit einem Raspberry Pi aus der Bastelkiste noch schnell einen Printserver aufgesetzt, so dass man nicht mehr mit der SD-Karte zwischen PC und Drucker hin- und herlaufen muss. Mit dieser Lösung kann man von jedem Rechner im Haus einen Druckauftrag starten und überwachen. Somit ist das Drucken nicht mehr auf den Nerd im Haus beschränkt 😉
Nun, wo das Drucken funktioniert, können wir uns an die Verbesserung der restlichen Komponenten machen. Die wichtigste davon ist die Folie. Die Laminierfolie ist aus meiner Sicht an Kompromiss, wenn nichts anderes verfügbar ist. Sie ist nach dem Laminieren nicht zu 100% klar und durch das Laminieren ohne Inhalt wellt sie sich leicht, was zu Reflexionen führt, wenn man sie vor dem Gesicht hat.
Aufgrund der Ausgangsbeschränkungen ist es derzeit nicht einfach möglich, irgendwohin zu gehen, um sich Material zu besorgen. Im Internet ist vereinzelt passendes zu finden, allerdings hauptsächlich aus England und deshalb die Versandkosten meist höher als der Preis für das Material selbst.
Die Baumärkte hier haben zu, lediglich Handwerker dürfen da noch einkaufen. Elisabeth klappert die einschlägigen Märkte telefonisch ab und versucht, so an Material zu kommen. Wie so oft überrascht sie mich auch diesmal wieder mit einem Anruf, dass sie fündig geworden ist: Der Toom Baumarkt in Fürstenfeldbruck hat sich bereit erklärt, ihr das Material zu geben, wenn sie nachweisen kann, dass es fürs Krankenhaus ist. So hat der ‚ich bin systemrelevant- Zettel‘ erstmals eine Verwendung gefunden und Elisabeth kam mit einem großen Stück 0,8mm Plexiglas nach Hause.
Das passt für diesen Zweck perfekt: Es lässt sich mit der Schere schneiden, es ist perfekt durchsichtig und weil es Rollenware ist – ist es leicht gebogen, so dass wir uns die unteren, formgebenden Schienen sparen können.
Ich bekomme einen alten, verstellbaren Locher geliehen, der uns das Bearbeiten der Folie sehr erleichtert. Mit einigen Versuchen mit Papier habe ich ihn perfekt auf die Abmessungen des gedruckten Kopfbügels eingestellt. Mit der Lochzange war es anstrengender und nie so präzise.
Ein Teil fehlt noch in der Beschreibung: Der hintere Teil der Maske. Hier haben wir einfach ein breites, textilummanteltes Gummiband genommen. Das gibt es auch mit Längsschlitzen fertig zu kaufen. Einziges Manko: es lässt sich schlecht desinfizieren.
Zu den Maskenvorlagen findet man im Netz auch einige druckbaren Rückteile, die das Gummiband ersetzen. Die meisten davon sind für flexibles Filament ausgelegt. Nur – das ist derzeit überall ausverkauft. Ob das daran liegt, dass so viele Masken gedruckt werden oder einfach am Lockdown in China, das kann ich nicht beurteilen. Es gibt noch mäßig flexibles Material, davon habe ich mal eines bestellt. Ob das funktioniert, werde ich dann sehen.
Eine Vorlage habe ich gefunden, die für festes Filament gedacht ist. Probehalber habe ich mal ein Muster ausgedruckt. Es lässt sich sehr schwer in die Haken der Maske einhängen und ist erstmal viel zu kurz. Mit dem Föhn habe ich den Gurt dann angewärmt und soweit gedehnt, bis er über den Kopf gepasst hat. Hält, ist bequem, aber nicht wirklich praxistauglich. Bis es eine bessere Lösung gibt, bleibt es deshalb beim stoffummantelten Gummiband – sofern wir welche auftreiben können.
Update 04.04.2020:
Elisabeth hat eine Anfrage an die FB-Gruppe Corona Nachbarschaftshilfe Fürstenfeldbruck gestellt, ob jemand Gummibänder zur Verfügung stellen könnte, denn derzeit werden dafür die Gummibänder verbrauchter FFP Mundschutzmasken verwendet. Ein paar hin uns her gewechselte Nachrichten später kam schon die erste Kontaktanfrage und eine Absprache, wie wir an solche Bänder kommen. Die sozialen Medien sind halt doch auch zu mehr nütze, als Hass und FakeNews zu verbreiten.
Herzlichen Dank an Monika Graf fürs vermitteln und an Anke Wagner für die Gummibänder. Gerade eben haben wir 6 Masken – ausgestattet mit den Gummibändern – ans Krankenhaus geliefert.
Unsere Produktion pendelt sich bei 5 Masken/Tag ein. Klar, es könnten mehr sein, aber wir arbeiten beide Vollzeit und mit der Wahl der Masken haben wir uns darauf beschränkt, jede Maske einzeln drucken zu müssen. Die Notaufnahme werden wir so übers Wochenende komplett versorgen können, dann kümmern wir uns um den restlichen Bedarf. Wer einen 3D-Drucker hat und Lust hat, uns zu unterstützen, ist jederzeit willkommen. Lasst uns ein Zeichen setzen, dass wir den Menschen, die im Moment im Sinne der Gesundheit aller am Limit arbeiten, ein wenig helfen selber gesund zu bleiben!