Es geht los
Es ist der 22. Dezember, heute fahre ich nach Rumänien. Doch vorher muss ich nochmal ins Büro und einen halben Tag arbeiten. Gegen zehn vor eins ist es dann doch soweit: Ich rolle aus der Tiefgarage und über die Blutenburgstraße auf den mittleren Ring. Noch früh genug, um dem Feierabend- und Wochenendpendlerverkehr zuvorzukommen. So brauche ich auch nur eine halbe Stunde, bis ich am Flughafen München vorbeikomme.
In Deggendorf mache ich wie so oft, wenn ich da vorbeikomme, einen kurzen Schlenker zum Metzger für eine kleine Brotzeit und etwas Wegzehrung. Da sich die Autobahn mittlerweile füllt und direkt nach dem Kreuz Deggenorf auf der Brücke eine Baustelle ist, fahre ich über die Landstraße bis nach Hengersberg, wo ich dann wieder auf die BAB wechsle. Der Rasthof in Passau Nord ist komplett überfüllt, weshalb ich kurz von der Autobahn abfahre, um an einer anderen Tankstelle eine Österreich-Vignette zu holen. Gegen halb fünf passiere ich die Grenze nach Österreich. In Bruck an der Leitha verlasse ich die Autobahn um zu tanken und überquere um 21:00 Uhr die Grenze nach Ungarn. Die Matrica habe ich mir bereits zu Hause online besorgt, ebenso wie die rumänische Rovignetta. So ist es auch kein Problem, parallel zur Autobahn über die Landstraße zu fahren. im Radio habe ich von Staus kurz hinter der Grenze gehört, die ich umfahren will.
Das klappt soweit ganz gut, in Györ wechsle ich zurück auf die Autobahn, wo ich nur noch den vordersten Bereich des Staus in der Baustelle mitbekomme. Bis Mitternacht bin ich noch unterwegs, komme bis kurz vor Tatabanya, wo ich mir eine ruhige Ecke auf dem Parkplatz suche und mein provisorisches ‚Schlafzimmer‘ einrichte und ausprobiere. Ganz so bequem wie im Kombi ist es nicht, ich habe nach oben nur wenig Platz und kann auch nicht ausgestreckt liegen. Ganz unbequen kann es aber auch nicht sein, denn ich schlafe siebeneinhalb Stunden durch.
Wo der Ring um Budapest wieder auf die Autobahn trifft, staut es sich ein wenig aber grundsätzlich komme ich gut voran. Um 11:30 reicht mir der rumänische Grenzbeamte meine Papiere zurück und wünscht mir eine gute Fahrt.
In Arad verlasse ich die Autobahn, um zu tanken, zu frühstücken und ein paar süße Mitbringsel zu besorgen. Dann setze ich meine Fahrt fort. Das Wetter ist für die Jahreszeit gut und so langsam macht sich die Vorfreude breit, ich habe meinen Besuch nur in der Schule angekündigt und will ein paar Freunde überraschen.
Zwischen Margina und Deva ist die Autobahn noch nicht fertig, hier geht es über einen Pass, wie immer etwas schleppend, weil auch der Schwerlastverkehr diese Strecke nutzen muss. Gegen 18:00 Uhr passiere ich Sibiu und biege dort von der Autobahn ab auf die DJ 106, die mich Über Hosman und Agnita nach Dealul Frumos bringt, wo ich mich für die Nacht einquartiert habe. Gegen 19:00 Uhr checke ich ein, genieße eine Dusche und ein leckeres Abendessen, bevor ich ins Bett falle.
Heiligabend – Der Tag des Christkindes
Nach einem ausgiebigen Frühstück starte ich den Twingo, der die Tour bisher problemlos gemeistert hat und mache mich auf den Weg nach Cincu, wo ich die ersten Freunde besuchen will. Neben ein paar Geschenken habe ich auch Münchner Weißwürste und den dazu passenden Senf nebst Brez’n im Gepäck – ich weiß, dass ich damit einigen Leuten eine große Freude mache.
Die Überraschung gelingt mir. Als ich – mit einer Nikolausmütze auf dem Kopf – vor der Tür stehe, kann man es gar nicht fassen. Als ich die zweite Familie mit zwei dicken Taschen in der Hand besuche, wird nach dem Überraschungsmoment das Handy gezückt und alles auf Video festgehalten.
Wir verquatschen uns ein wenig, bis ein Anruf aus Ghimbav kommt, wo ich heute übernachten will. Man wartet dort schon auf mich und ist besorgt, ob alles klappt. Na klar, aber ich muss noch einiges tun. So verabschiede ich mich von den Freunden und mache mich auf den Weg nach Întorsura Buzăului .
In Întorsura Buzăului suche ich nach der Adresse der Wohnung der Rektorin. Bei ihr habe ich mich erst für morgen angekündigt. Ich hoffe, ich kann auch hier mein Weihnachtsgeschenk abgeben. Elisabeth hat mir den Zweitschlüssel mit einer roten Schleife an einen Beutel mit Plätzchen gemacht. Mit dem in der Hand stehe ich vor der Tür des Plattenbaus und suche nach der Klingel. Es gibt nur so eine Art Zahlenschloss. Wenn das tatsächlich die Klingel ist, dann weiß ich nicht, wie sie funktioniert. Also hole ich mein Handy aus der Tasche und rufe an.
Nun ist mein Rumänisch auf einem Status, wo ich die meisten schon recht gut verstehe. Geta, die Rektorin der Schule, gehört leider nicht dazu. nach einigen erfolglosen Versuchen, ihr zu erklären, dass ich vor der Tür stehe, gibt sie das Handy an ihren Mann Florin weiter. Hier klappt es dann sofort, wenige Minuten später öffnet sich die Haustür und ich werde von ihm herein und hoch in die Wohnung gebeten. Die Freude ist groß, als ich das Beutelchen mit den Keksen nach oben halte und dann langsam umdrehe, bis der Autoschlüssel zum Vorschein kommt. Ich werden vor das Weihnachtsbäumchen gestellt und ein Übergabefoto gemacht. Für ihren Mann, der als Kinderpsychologe u.a. auch im Kinderheim in Ghimbav arbeitet, habe ich ein Notebook dabei – eine Bitte von Maja, die sie mir mal vorgetragen hat.
Wir fahren zusammen auch gleich zur Schule, wo ich eine führung ganz für mich alleine bekomme. Anschließend geht es zu einer Agentur, die die Umschreibung des Autos vornehmen wird. Hier wird ein Kaufvertrag über 50 Euro gemacht, weil das bei weitem einfacher ist als eine Schenkungserklärung. Geld fließt natürlich keines. Danach werde ich zum Abendessen eingeladen. Da lerne ich dann auch die Tochter und den Sohn kennen, die mit einer Gitarre im Gepäck nach Hause kommen. Vom ‚Colinda-Singen‘ erzählen sie mir. Und weil ich nicht weiß, was das ist, bekomme ich gleich mal ein Ständchen dargeboten.
Nach dem Abendessen werde ich gefragt,ob ich Lust hätte, an so einem Colinda-Singen teilzunehmen. Gerne, antworte ich, Ich sage schnell in Ghimbav Bescheid, dass es bei mir spät wird, dann fahren wir los.
Ich fahre mit dem Twingo, damit ich nicht wieder mit zurück muss. Geta fährt bei mir im Auto mit, während der Rest der Familie voraus fährt. Als ich den Anschluss verliere, schmunzelt Geta über meine ‚deutsche Fahrweise‘, weil ich mich wohl zu penibel an die Geschwindigkeitsbegrenzung halte. Wir fahren zu einem Treffpunkt und mit vielen anderen dann in verschiedene Ortschaften, wo dann einzelene Häuser aufgesucht werden.
Dort gibt die Gruppe dann ein paar Weihnachtslieder mit Gitarrenbegleitung zum Besten, die Familien bedanken sich mit Ess- ud Trinkbarem.
Das Colinda-Singen ist ein Weihnachtsbrauch, der Glück bringen soll.
Es ist schon spät, als ich mich verabschiede und nach Ghimbav zum Kinderheim fahre. Ich übernachte in der Kirchenburg schräg gegenüber, im Kinderheim ist der Schlüssel hinterlegt. Als ich dort ankomme, höre ich laute Musik, im ‚Wohnzimmer‘ wird offenbar eine Party gefeiert. Mein Klingeln hört niemand, erst als der Steffi ein Fenster öffnet, kann ich mich bemerkbar machen. Ein wenig feiere ich noch mit den Kindern zusammen, bis diese sich weit nach Mitternacht in ihre Zimmer zurückziehen. Dann sitze ich noch eine gute Stunde mit den Erziehern zusammen, bevor sich auch bei mir die Müdigkeit einstellt.
(M)ein Weihnachtsausflug
Heute schlafe ich mich aus, bevor ich zum Frühstücken über die Straße inis Kinderheim gehe. Ich bin nicht der letzte, generell ist es heute eher still. An Heiligabend dürfen die Kinder aufbleiben, so lange sie wollen. Entsprechend müde sind sie heute. Maja feiert Weihnachten diesmal in Deutschland bei ihrer Familie, sehr zum Leidwesen der Kinder hier. „Ein Weihnachten ohne Bunica (Oma) ist nur halb so schön“, höre ich aus unterschiedlichen Mündern. Auch die Erzieher freuen sich über etwas Ruhe, weshalb ich auch bald aufbreche zu einem Weihnachtsausflug. Ich habe darum gebeten, den Twingo noch nutzen zu dürfen, bis ich nach Hause muss. So bin ich ziemlich frei in der Gestaltung meiner Zeit. Ich habe meinen Spaß an alten Brücken und eben so eine will ich mir heute ansehen.
Über Râșnov und die Poiana Marului führt mich der Weg nach Șinca Nouă, wo ich die Brücke auch schon sehen kann. Einen Weg dahin gibt es nicht – zumindest keinen, den ich mit dem Twingo fahren mag. Mit dem Motorrad wäre es kein Thema, aber so gehe ich halt zu Fuß mit Fotorucksack und Stativ auf dem Rücken.
Oben angekommen sehe ich zwei Jungs mit OffRoad-Autos. Als ich sie grüße, fragen sie mich, ob ich meine, dass man da drüber fahren kann. Ich schaue mir die Brücke etwas genauer an und antworte „Ich würde da drüber fahren“. Sie beraten sich noch ein paar Minuten und drehen dann doch um. Als ich über die Brücke gehe, sehe ich frische Traktorspuren.
Nachdem ich mir die Brücke von allen Seiten angeschaut und fotografiert habe, gehe ich zurück zum kleinen Franzosen und fahre nach Cărpiniș, um meine Freundin Laura zu überraschen. Das gelingt mir auch, wir verbringen noch viel Zeit mit reden und natürlich muss auch auch zum Essen bleiben. Erst spät mache ich mich auf den Rückweg in die Kirchenburg, die mir ganz alleine gehört.
Zurück nach Hause
Mein Kurzbesuch neigt sich langsam dem Ende zu. Sigi, der im Kinderheim ein Volontariat macht, hat sich angeboten, mich mit seinem Bus zum Flughafen nach Sibiu zu bringen. Vorher nutze ich die Zeit. Am Ortsrand von Brasov habe ich gestern neu gebaute Waschboxen entdeckt. Nachdem das Auto schon wieder ganz schön eingeschmuddelt ist, beschließe ich, es nochmal sauber zu machen. Also fahre ich hin und stelle mich in die Schlange. Auto waschen ist bei den jungen Leuten hier ebenso angesagt, wie daheim in Deutschland. Es geht weder mit Geld noch mit Coins. Ich muss mir eine Waschkarte im Format eine Kreditkarte kaufen und für die wird eine Kaution von 10 Lei fällig, die mitbezahlt werden muss. Dann spüle ich den Dreck vom Lack. Wenig später steht es glänzend da. So kann ich ihn übergeben. Das zurückgeben der Karte gestaltet sich sehr schwierig, weshalb ich sie erstmal behalte.
Es dauert auch nicht lange, als ich zurück beim Kinderheim bin, als Geta und Florin auftauchen. Sie bedanken sich nochmal überschwenglich für das Auto und wollen sich an meinen Kosten beteiligen. Das lehne ich ab. Aber Sigi nimmt das Benzingeld für die Fahrt nach Sibiu gerne an. Zwei kleine Dankeschön-Päckchen für Diana und mich kann ich nicht ablehnen.
Ein paar Kinder dürfen auch mit. Für die ist der Ausflug eine willkommene Abwechslung, auch wenn wir wegen einem der Jungs mal kurz anhalten müssen, weil ihm schlecht geworden ist.
In Sibiu angekommen erkunden sid noch den Flughafen. Aber das Flugaufkommen ist hier eher überschaubar, weshalb sich die Gruppe bald von mir verabschiedet. Ich checke ein, gehe durch die Sicherheitsschleuse und warte auf meine Maschine, die gegen 20:00 Uhr Ortszeit sicher in München aufsetzt, wo mich Elisabeth auch schon erwartet.
Das Auto wird mit zusätzlichen Pedalen ausgerüstet und soll künftig als Fahrschulauto dienen. Deshalb auch das Alter jünger als 10 Jahre.
Nachtrag: Aufgrund irgendwelcher Gesetze darf der Twingo nur bedingt als Fahrschulauto genutzt werden, weil es kein 4-Türer ist. Mit anderen Worten: Er wird zur Fahrausbildung genutzt, die Prüfungsfahrten müssen übe reine Fahrschule mit deren 4-türigem Auto durchgeführt werden.
Live Tracking der Weihnachtstour nach Rumänien 2017
Hier kannst Du live dabei sein, wenn ich das Auto zu seinem neuen Bestimmungsort bringe.