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16.06.2014 Oersundsbro – Umea (Fred)

Elisabeth wacht gegen 2:30 kurz auf, weil die Sonne glutrot aufgeht. Um 07:00 Uhr dann offizielles Wecken. Das Frühstück fällt heute kurz aus, es gibt auch keinen Tee. Denn im Roadbook steht: Today is more or less the longest ride along the cost of the Baltic Sea.

Katzenwäsche und Zähneputzen, dann geht es weiter. Auch heute wieder weißblauer Himmel. Der Wettergott der Bayern hat uns eine Portion mitgegeben. Von unserer Seite aus gerne bis zum Ende der Rallye.
Nach ca. 50km wird es Zeit für einen Tankstopp und um die vielen Fliegen von der Windschutzscheibe zu waschen. Ein anderes Team überholt uns und fährt lange vor uns her. Dann biegen sie plötzlich ab. Die Intension ist uns schnell klar, als wir auf die Karte schauen. Die nächste Stadt umfahren, um nicht auf das Stück Autobahn zu kommen. Wir fahren geradeaus weiter, was sich auch bald bezahlt macht: Ein riesiges Feuerwehrauto setzt gerade rückwärts in die Garage. Da ich gerade am Fahren bin, springt Elisabeth mit dem Roadbook heraus und kann den Fahrer dazu erweichen, das geschlossene Tor nochmals zu öffnen. Dann erklärt sie ihm unser Vorhaben und fragt, ob das möglich ist. Er berät sich kurz mit einem Kollegen: Na klar, kein Problem. Das Fahrzeug kommt nochmal aus der Garage, wir hängen unser Appschleppseil zwischen den Truck und unseren Focus und schleppen ihn ab. Das ist eine der Aufgaben, die wir irgendwann während der Rallye lösen sollen: Schleppe das größte Ding ab, dass Du Dir vorstellen kannst.
Während der Fahrt überlegen wir, wie die heutige Tagesaufgabe bewältigt werden kann. Schon im Roadbook steht, dass es einfacher klingt als es ist. Wir sollen eine Postkarte besorgen auf der ein Elch, ein Murmeltier, eine Blockkütte und eine blonde Schwedin zu sehen ist – mindestens drei davon. Dann sollen wir eine Flasche Swedish Bitter besorgen, so eine Art Kräuterschnaps. Den sollen wir umfüllen, weil wir die Karte, nachdem wir einen Gruß darauf geschrieben haben, in die Flasche geben sollen und diese ‚Message in a bottle‚ dann in Urmea in die Ostsee werfen sollen.
Hier ist es nicht wie bei uns, dass man hochprozentigen Alkohol in jedem Supermarkt bekommt. Alles, was über Bier hinausgeht, wird in speziellen Geschäften verkauft.
So eines finden wir nach ein paarmal fragen in Gävle, wo wir eine ausführliche Beratung bekommen, bevor wir uns dann doch für das Produkt mit dem zweitgrößten Anteil an Kräutern entscheiden. Einfach deshalb, weil es eine Flasche mit einer großen Öffnung ist, in der ein großer Korken steckt. Wenn schon Flaschenpost, dann richtig, nicht mit Schraubverschluss.
Doch das ist nur eine Hälfte der Aufgabe, das mit der Karte ist weitaus schwieriger. Wir klappern etliche Geschäfte ab, finden aber nicht das richtige. Auch der Supermarkt, den wir aufsuchen, um eine kleine Flasche Cola zu kaufen, hat keine. Cola übrigens auch nicht – alles leer. Am Ausgang ist ein Hot-Dog-Stand, der hat noch ein paar Flaschen, Wir erstehen eine davon und als ich frage, ob sie mir einen Tipp geben kann, wo wir eine solche Postkarte kaufen könnte, hebt sie ein Körbchen mit Karten über den Tresen. Was wir suchen, finden wir darin nicht. Aber wenigstens eine mit einem Elch drauf. Die nehmen wir natürlich, denn es gibt immer einen Plan B 😉 Sicher ist sicher.

Ab hier beginnt navigatorische Schwerstarbeit. De E4, die wir fahren könnten, wird zwischendrin immer wieder ein Stück weit zur Autobahn, die wir ja nicht benutzen dürfen. Gut, wir könnten einen der drei Joker einsetzten, wie das offenbar einige andere Teams tun, die wir von den Brücken herab auf der Autobahn vorbeibrausen sehen. Aber wir sind ja schon alte Hasen in Sachen Rallye und nehmen die Herausforderung an.
Manche Passagen klappen nur mit mehrmaligem Fragen von Einheimischen. unsere Karten sind 1:250.000 oder 1:500.000. Das ist für draußen ganz ok, in den Städten – gerade da, wo man kaum an der Autobahn vorbeikommt, navigieren wir genausooft mit dem Sonnenstand wie mit der Karte.
Die härteste Passage für uns ist das Umfahren der Autobahn in Sundsvall. Dafür machen wir einen riesen Umweg, sogar gute 30km Schotterpiste nehmen wir in Kauf.

Das ist unser Kartenmaterial. Damit navigieren wir auch durch die Städte.
Deshalb schaut es manchmal etwas chaotisch aus, wenn man unserem track folgt.

Als wir diese Etappe gemeistert haben, ist es zwar schon Abend, aber die restlichen 200km sind ein Klacks. Wir liegen gut in der Zeit und können es uns leisten, mal zu einem Campingplatz zu fahren um zu fragen, ob wir duschen dürfen. Die Dame am ersten Campingplatz spricht mich zwar gleich auf deutsch an (nachdem sie die Autonummer gesehen hat), duschen lässt sie uns aber leider nicht. Auch nicht gegen Bezahlung. Ein paar Kilometer weiter probieren wir es nochmal. Diesmal geht Elisabeth und kommt lächelnd zurück. Wir dürfen duschen, sogar kostenlos. Nach 3 Tagen Waschen mit kaltem Wasser ist die heiße Dusche ein Genuss für uns beide. Wieder einmal wird uns bewusst, wie selbstverständlich wir zu Hause einfach mal so den Hahn aufdrehen.
So erfrischt gehen wir den Rest der Etappe an, nachdem wir uns bedankt und verabschiedet haben. Die Kartenaufgabe haben wir immer noch nicht so richtig gelöst. Ich schlage vor, dass wir eine Karte selber malen, oder unsere gekaufte Karte mit dem Elch mit dem Kuli um weitere zwei der geforderten Motive erweitern. Während wir so sinnieren, fängt die Reserveanzeige an zu leuchten. Neben der Tankstelle, die wir daraufhin anfahren, gibt es eine Touristeninformation, wo Elisabeth jede Menge Material findet. In den Prospekten finden sich auch die Bilder einer Blockhütte und eines Murmeltieres. Eine winzige Nagelschere ist zur Hand, um die auszuschneiden. Was fehlt, ist Kleber, um die dann auf der Karte zu befestigen. Doch auch hier habe ich eine Lösung im Kopf: Wir nehmen welche von den Aufklebern, die wir am Start bekommen haben und basteln damit so eine Art klebendes Passepartout. Das macht Elisabeth während der Fahrt.
Kaum dass sie fertig ist, kommen wir in Umea an und suchen nach einer passenden Stelle, wo wir unsere Flaschenpost auf die Reise schicken können. So richtig fündig werden wir nicht, in einem Wohngebiet schaut ein Anwohner neugierig, was wir so tun. Elisabeth spricht ihn an und er bietet uns sofort an, in seinen Garten zu kommen, wo wir direkt ans Ufer kämen. Er selber würde das aber eher am Hafen machen, meint er – da ist mehr Strömung. Dem Vorschlag kommen wir nach und schicken unsere Flasche kurz vor 23:00 Uhr auf den Weg. Tagesaufgabe eine Stunde vor Schluss gelöst.

Den ganzen Tag war es recht warm, jetzt am Abend ist es so kühl, dass sogar ich eine lange Hose und eine Jacke anziehe. Wir fahren zurück und suchen einen Schlafplatz. Ich hatte auf der Herfahrt schon einen kleinen Weg gesehen, der direkt zum Wasser führt. Ein paar andere Teams begegnen uns, der Platz ist aber noch leer. Da parken wir den Focus. Während Elisabeth das Auto umräumt, bereite ich unser Abendessen zu. Dieses Mal kommt nicht unser Gaskocher zum Einsatz, sondern mein treuer Begleiter, der mir die letzten 35 Jahre viele warme Essen oder Tees zubereitet hat – der Godfather of Campingkocher – mein guter alter Coleman-Benzinkocher.
Keine zwei Minuten, schon kocht das Wasser. Es gibt Woknudeln mit frischen Tomaten und einer Pesto. Lecker. Danach kriecht Elisabeth bald ins Bett, während ich noch ein wenig fotografiere und den Blog schreibe. Auch um 01:00 Uhr früh ist es noch hell, wie bei uns um diese Jahrenszeit abends um neun.

Fred: